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DAS WEBERHAUS: Die Bemalung durch Otto Michael Schmitt 1959-1961

Auszug aus: “Augsburger Fassadenmalerei der 50er Jahre” von Gregor Nagler
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

 

Die Freskierung durch Johann Matthias Kager 1605 - 1607

Das Zunfthaus der Weber gehörte ursprünglich zu den markantesten spätmittelalterlichen Repräsentationsbauten Augsburgs. Es befindet sich in städtebaulich herausragender Situation am heutigen Moritzplatz. Nur im Norden schließt sich dichte Bebauung an, drei Fassaden sind nach dem Platz und den angrenzenden Straßen gerichtet. Nach Erlöschen der Zunft im Jahr 1548 gelangte das Bauwerk in städtischen Besitz. Von 1605-07 freskierte der bekannte Augsburger Stadtmaler Matthias Kager das Weberhaus. Das ikonografische Programm verherrlichte wichtige historische Ereignisse in Augsburg, ganz besonders aber die Geschichte des einflussreichen Handwerkszweiges der Weberei. Ein kurzes Schema der inhaltlichen Dimension dieser umfangreichen Historienmalerei verdeutlicht, wie Kager Welt- Stadt- und Zunftgeschichte in Beziehung zueinander setzte und zusammen mit mythologischen Erzählungen und Allegorien einen intellektuellen, gemalten Mikrokosmos erschuf.

 Ostfassade:

Über dem Eingangsportal: Iustitia mit Waage und Richtschwert, von vier Putten umgeben

1.OG: Ulrich und Afra;

2.OG: Das siegreiche Heer kehrt aus der Schlacht auf dem Lechfeld zurück; Verleihung des Wappens an die Weber

3. OG: Schlacht auf dem Lechfeld

Giebel: Minerva mit dem Schild und Eule; zwei Personifikationen der Fruchtbarkeit; zwei Victoriadarstellungen mit dem Stadtwappen, Grotesken, Reichsadler

Südfassade:

Erdgeschoss: Warenkauf der Venezianer in der Türkei, Warenverkauf der Venezianer an Augsburger Kaufleute

1. OG: Die sieben? Lebensbereiche; die vier Zeitalter; Arbeit der römischen Frauen/Tuchbeschau: Personifikation der Stadt Rom mit Flussgott Tiber und Wölfin

2.OG: Geschichte der Lukretia

Westfassade:

1.OG: Allegorie der Häuslichkeit mit Schildkröte als Attribut, Fackelträger als Symbol des Fleißes der Weber bei Tag und Nacht; die fünf Erdteile, die fünf Tätigkeiten des Weberhandwerkes,  die Erfindung des Webens in Athen

2. OG: fünf Statuen mit Weberwerkzeugen

 Kager forderte mittels seiner Malerei die Wahrnehmung der Betrachter zu einem reizvollen visuellen Spiel heraus: Illusionistisch wiedergegebene Architekturelemente wie Säulen, Steinquader oder Gesimse rahmten figurenreiche Szenerien. Teilweise überschnitten sich Bilderzählung und (gemalte) Architekturgliederung, so dass ein Kippeffekt entstand: Die Säulen der Südfassade konnten somit sowohl als Fassadengliederung des Weberhauses gesehen werden, als auch als Staffage zu den einzelnen Darstellungen gezählt werden. Das große Eckbild im östlichen Bereich der Südfassade trieb den Illusionismus auf die Spitze: Die geschlossene Wand „öffnete“ sich mit einer Loggia zu einem Straßenzug. Die reale Fensteröffnung wurde täuschend in die Gestaltung einbezogen.

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Abb. 1 und 2: August Brandes: Das Weberhaus, Rekonstruktionen nach der Bemalung von Matthias Kager; Südfassade (links) und Ostfassade; Tempera, 1903, beide Augsburg, Städtische Kunstsammlungen

 Einen anderen verblüffenden Effekt nutzte Kager an der Ostfassade: Die figürlichen Szenerien unter den Fenstern im zweiten Stockwerk erscheinen wie Teppiche vor die Architektur gehängt und vom Wind bewegt.

Die Restaurierung durch August Brandes 1915 - 1916

Im 19. Jahrhundert zeugten nur noch stark verblasste Reste von der einst prachtvollen Bemalung Kagers. Zudem stand das Weberhaus der neuen Straßenführung der Bürgermeister-Fischer-Strasse im Weg. Es wurde allerdings in Anlehnung an das historische Vorbild wieder errichtet und von August Brandes bemalt. Brandes hatte sich im Auftrag Friedrich von Thierschs intensiv mit der Augsburger Fassadenmalerei auseinander gesetzt und eine Rekonstruktion der Kagerschen Bemalung angefertigt. Seine Freskierung zeigt den Willen des Urhebers, möglichst nahe an das historische Vorbild heran zu kommen.

Die Neubemalung durch Josef Hengge und Otto Michael Schmitt 1936

Auch diese Fassadenmalerei verblasste schnell, so dass 1935 eine komplette Neugestaltung vorgenommen werden musste. Die Gesamtleitung des Bildprogramms hatte Josef Hengge inne, beteiligt waren daneben Hanns Weidner, Franz Hummel und Otto Michael Schmitt, dem Programm und Ausführung der Ostfassade oblagen. Die Entwürfe waren der Zensur unterworfen. Thematisch griff Schmitt mit dieser Bemalung zum Teil auf Kager zurück: So befanden sich Ulrich und Afra wiederum im ersten Stock zwischen den Fenstern, die Lechfeldschlacht nahm den unteren Bereich des Giebels ein. Das zweite Stockwerk wurde jedoch – abweichend von Kager – von der Rückkehr des Heeres aus der Lechfeldschlacht bestimmt. Diese Szenerie war in drei Felder aufgeteilt, wobei das mittlere wesentlich schmaler war, als die beiden flankierenden Bilder. Eingerahmt wurden die figürlichen Darstellungen von einer streng linearen Gliederung, die wie eine abstrahierte Erinnerung an die üppigen Architekturformen Kagers wirkte. Bestimmend an dieser Ostsfassade war sicherlich die Lechfeldschlacht. Der hellere Hintergrund zeigte Soldaten im Kampfgetümmel. Davon hoben sich die dunkleren Silhouetten einiger typisierter Soldaten im Vordergrund ab. Herausgehoben waren die Kampfgebärden. Figuren, Fahnen und Lanzen ragten scharf in den frei gelassenen hellen Hintergrund was zusammen mit der vereinfachenden Körperausprägung eine deutliche Monumentalisierung bewirkte.

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Abb. 3: Otto Michael Schmitt: Weberhausbemalung 1935/36; Die Lechfeldschlacht

Die Freskierung durch Otto Michael Schmitt 1959 - 1961

Im zweiten Weltkrieg ging die gesamte Bemalung mitsamt dem Weberhaus zu Grunde. Der Baukörper wurde in den alten Proportionen wiedererrichtet – eine Ausnahme im Wiederaufbaukonzept der Stadt. Die Freskierung des neu errichteten Bauwerks erfolgte wieder durch Otto Michael Schmitt.

Die Ostfassade des Weberhauses ist zur Maximilianstraße gerichtet. Sie besteht aus dem Giebelhaus und einem kleinen Anbau zu den nächsten Gebäuden. Das Erdgeschoss ist von fünf Rundbogen und einer mittleren Türe durchbrochen. Die Fenster sind im Giebelhaus ebenfalls symmetrisch angeordnet. Jedes Stockwerk öffnet sich mit fünf Fenstern in gleichen Abständen zur Straße. Im angebauten Bereich befindet sich in jedem Stockwerk nochmals je ein Fenster. Das dreistöckige Giebelfeld wird von drei Fenstern unten, zwei Fenstern im Bereich darüber und einem Fenster im obersten Geschoss durchbrochen.

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Abb. 4: Otto Michael Schmitt: Weberhaus, Ostfassade, Freskierung 1935

Abb. 5: Otto Michael Schmitt: Weberhaus, Ostfassade, Freskierung 1961

 Der Freskant gliederte den Baukörper in farbige Rechtecksflächen, die entfernt an eine Architekturgliederung erinnern.

Die Ostfassade nimmt wiederum die tradierte Thematik auf: Zwischen dem ersten und zweiten sowie zwischen dem vierten und fünften Fenster von Süden befinden sich Ulrich und Afra. Beide sind stark schematisiert in Frontalansicht wiedergegeben und durch ihre Nimben als Heilige gekennzeichnet. Ulrich ist zudem mit dem Fisch als traditionellem Attribut klar zu identifizieren. Afras Arme sind mit einer Kette gefesselt. Flammen im unteren Bereich deuten an, dass sie auf dem Scheiterhaufen den Märtyrertod gestorben ist. Im Stockwerk darüber befinden sich unter den äußeren Fenstern zwei breite Bildfelder, die eine Darstellung der Zirbelnuss unter dem mittleren Fenster einfassen.

Im Süden ist die Rückkehr des Heeres aus der Lechfeldschlacht dargestellt. Zwölf Personen, darunter zwei Kinder, sind in unterschiedlichsten Posen und Affektgebärden wiedergegeben. Sie tragen Lanzen in den Händen oder über die Schultern gelegt, einige sind mit Siegeskränzen bekrönt oder präsentieren Lorbeerzweige in ihren Händen. Auffällig ist die parallele Komposition der seitlich oder frontal zum Betrachter stehenden Personen, gegen die das horizontale Lineament der Lanzen gesetzt ist. Aus diesem strengen Schema bricht einzig eine gebückte Figur links im Bild aus.

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Abb. 6: Otto Michael Schmitt: Studie zum Freskenzyklus am Weberhaus

 Das Bildfeld im Norden zeigt die Verleihung des Wappens an die Augsburger Weber durch Kaiser Otto. Elf Personen füllen das Feld in dichter Drängung aus. Aus der Mitte nach links versetzt ist die Hauptszenerie dargestellt: Eine Kniende Person nimmt vom Kaiser, der im linken Bildbereich steht, das Wappen in Empfang.

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Abb. 7: Otto Michael Schmitt: Studie zum Freskenzyklus am Weberhaus

 Dahinter ist ein Bischof – wohl Ulrich – zu erkennen. Im rechten Bildbereich befindet sich eine Frau, die ihr Gesicht in den Händen verbirgt und eine zweite Frau mit einem Kind auf den Armen. Wiederum sind die Figuren sehr streng und parallel gruppiert. Belebend wirken die kniende Figur, sowie die sich herabbebeugende Gestalt Kaiser Ottos.

Im unteren Bereich des Giebelfeldes schildert Otto Michael Schmitt die Lechfeldschlacht: In einem unteren Streifen unter den Fenstern sind die Kämpfenden zusammengefasst. Links sind zwei Figuren besonders charakteristisch: sie sind frontal bzw. in Rückenansicht gegeben und haben gerade zum Schlag gegeneinander ausgeholt. Das Bildzentrum ist erfüllt vom Schlachtgetümmel. Im Vordergrund sind mehrere Personen gestürzt, zwei Reiter stürmen miteinander kämpfend nach links. Im linken Bereich sind flüchtende und stehende Figuren dargestellt. Über dem Streifen der Schlachtszene wird die Komposition durch prismenartige Farbflächen bestimmt. 

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Abb. 8: Otto Michael Schmitt: Studie zum Freskenzyklus am Weberhaus; Die Lechfeldschlacht

 In die abstrakte Komposition fügen sich Fahnen, Lanzen und „schwebende“ bzw. „fallende“ Figurendarstellungen im Bereich der Fenster ein, die nochmals das Gewühl der Lechfeldschlacht verdeutlichen.  Im Gegensatz zur Darstellung der dreißiger Jahre ist die Szenerie weniger monumental und heroisch geschildert, obgleich die Figuren und ihre Gesten immer noch sehr zeichenhaft gegeben sind. Die abstrakte Komposition überlagert jedoch die figürlichen Anteile zum Teil. Farben und Formen dominieren vor den Inhalten.

Das Giebelfeld ist im oberen Teil durch quadratische Farbflächen untergliedert. Zuerst fügen sich kleine Quadrate zu einem Streifen, dann größere. Auch durch die Farbigkeit sind die Quadrate nochmals voneinander geschieden und zu Streifen zusammengefasst. Darin eingefügt sind drei Wappenformen auf Höhe der Fenster.

Die Gestaltung schließt mit einem Reichsadler der in den Giebelwinkel eingepasst ist und dem Spruch: „ per multa saecula usque ad dies nostros textunt textores magnificum urbis augustae vestimentum“  - Viele Jahrhunderte bis zum heutigen Tag webten die Weber das herrliche Kleid Augsburgs.

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Abb. 9: Otto Michael Schmitt: Vorstudie zum Freskenzyklus am Weberhaus. Südfassade

 Traufseitig zum Moritzplatz steht die dreigeschossige Südfassade. Das Erdgeschoss ist durch sechs Bögen und eine Eingangstür in der Mitte aufgebrochen. Die Fenster der oberen Stockwerke sind unregelmäßig verteilt. Dem Rhythmus der Fenster folgt die Gesamtkomposition der rechteckigen Flächen und figürlichen Szenen. Otto Michael Schmitt teilte die Architektur in drei vertikale Bereiche ein, die durch mehrere rechteckige Farbstreifen eingefasst sind. Die gesamte Fassade ist mit unterschiedlich großen Rechtecksflächen gegliedert.

Im westlichen Bereich geben die Fenster, die in vier regelmäßigen Bahnen bzw. zwei regelmäßigen Reihen verlaufen ein strenges Grundmuster vor. Der Künstler fasste sie durch Farbflächen zu klaren Reihen zusammen. Für die figürliche Malerei blieben die Wandflächen über und unter den Fensterreihen.

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Abb. 10:Otto Michael Schmitt: Vorstudie zum Freskenzyklus am Weberhaus

 Im  untersten Intervall ist die strenge Farbkomposition besonders hervorzuheben: Es überwiegen prismenartig gebrochene Flächen in Rot- und Blautönen. In vier Quadraten unter den Fenstern dominieren die Rottöne, in schmaleren Rechtecken aber Blautöne.

Dargestellt sind sieben sehr schematisch gegebene Figuren, mit deren Hilfe die Vertreibung aus dem Paradies und der Beginn der Menschenmühe geschildert wird. Links außen ist Gott mit Heiligenschein zu erkennen. Er ist nur bis zu den Knien sichtbar, seine Linke weißt Adam und Eva, die rechts neben ihm knien, auf deren Fehltritt hin. Eva hat den Kopf in den Händen verborgen.

Die nächste Szene zeigt Gottvater in stark schräger „schwebender“ Haltung. Er verweist Adam und Eva mit der ausgestreckten Hand aus dem Paradies. Die beiden Urmenschen sind in gebeugter, unterwürfiger Haltung dargestellt. Im rechten Bildbereich wird die letzte Szene geschildert: Eva sitzt beim Spinnen, Adam ist mit Pflügen beschäftigt.

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Abb. 11: Otto Michael Schmitt: Vorstudie zum Freskenzyklus am Weberhaus

 Beim Spinnen sind auch die Figuren des folgenden Intervalls dargestellt. Das Bildfeld wird von neun Figuren erfüllt, die, bis auf die gebeugte Person ganz rechts, in sitzenden Positionen wieder gegeben sind. Sichtbar sind zwei Spinnräder in den seitlichen Bereichen. Rechts aus der Mitte gerückt sitzt eine Figur an einem Webstuhl.  Die gebückte Person rechts füllt ein Gefäß mit Stoffen.

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Abb. 12: Otto Michael Schmitt: Vorstudie zum Freskenzyklus am Weberhaus

 Im obersten Intervall sind wiederrum spinnende Frauen dargestellt. Dominant sind vor allem drei frontal sitzende hellere Personen im Bereich zwischen den Fensterachsen. Es sind die drei Nornen, die den Lebensfaden spinnen. Vier weitere sitzende, bzw. kniende Spinnerinnen verschmelzen beinahe mit ihrer abstrakten Umgebung aus roten unregelmäßigen Rechtecksflächen. Sie haben sich den Nornen zugewandt. Die Figur ganz rechts hält – in Andeutung der verrinnenden Zeit, eine Sanduhr. Die Person ganz links präsentiert Trauben, die dritte Figur von links einen Blumenstrauß. Das Attribut der dritten Figur von rechts ist nicht mehr erkennbar. Die Attribute spielen offensichtlich auf die Zeit an: Die Blumen auf die Blüte- zeit, die Trauben auf den Herbst bzw. die Ernte- zeit. Sie können auch mit den Lebensaltern in Verbindung gebracht werden.

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        Abb. 13: Otto Michael Schmitt: Vorstudie zum Freskenzyklus am Weberhaus

 Der mittlere Bereich der Südfassade wird von einem rechteckigen Bildfeld akzentuiert, dass sich im Bereich des ersten Stockwerkes befindet.

In der unteren Hälfte der Bildfläche sind drei Figuren zu erkennen. Die linke Figur steht frontal zum Betrachter und hält in ihrer erhobenen rechten eine Waage, die sich fast in Balance befindet. Eine weitere Person beugt sich herab, um die linke Waagschale zu beschweren. Rechts steht die dritte Figur, die Daten auf einen Zettel notiert.

Über der Gruppe „öffnet“ sich ein kastenförmiger Raum, der durch Stützen vom Betrachter „getrennt““ ist. In dem Raum sitzt links eine Person an einem Webstuhl.

Es handelt sich somit um eine Handelsszenerie.

Über dem dritten Fenster von Osten im zweiten Stockwerk liegt ein Feld mit der Beschriftung: „ Der Mensch webt seine Gewebe und die Zeit webt die ihren“.

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Abb. 14: Otto Michael Schmitt: Vorstudie zum Freskenzyklus am Weberhaus

 Im Osten befindet sich das größte Bildfeld der Fassade. Es weist die insgesamt komplizierteste Komposition aller Bildfelder am Weberhaus auf, in die auch eine Fensteröffnung einbezogen ist.

Thematisch steht die frontal thronende Figur im östlichen mittleren Bildbereich im Zentrum. Mit Mauerkrone und Szepter ist sie als Stadtgöttin charakterisiert, um die sich fünf Figuren im unteren Bildbereich geschart haben.

Ganz rechts präsentiert eine stehende Figur eine Tafel mit der Abbildung der Zirbelnuss. Zwei kniende Personen blicken huldigend zu der Stadtgöttin auf. Aus einer Schale mit Obst rechts von ihr, hat die rechte der beiden knienden Figuren einige Früchte genommen und präsentiert sie der thronenden Göttin. An die knienden schließen sich zwei weitere stehende Figuren in Seitenansicht an. Die Linke hat ein Tuch locker um ihren Körper geschlungen  und ist mit einem Lorbeerkranz gekrönt. Sie wendet sich einem Spiegel zu, den ihr die Person rechts von ihr vorhält. Diese kleine Szenerie könnte als Zeichen der Schönheit gelesen werden, die durch die Weberei gefördert wird.

Im Bereich über den huldigenden Figuren, links neben der Stadtgöttin, sind vier musizierende Personen erkennbar. Drei frontal stehende Musikanten werde von drei Bogenmotiven gerahmt.  Die Linke spielt eine (Dreh-)leier, die Mittlere eine Lyra und die Rechte eine Laute.

Vor den Stehenden sitzt eine kleinere, Flöte spielende Figur.  Die Musizierenden könnten für die kulturelle Bedeutung des Weberhandwerks stehen.

Links neben der Gruppe der Musikanten stehen drei Figuren frontal zum Betrachter in einem perspektivisch verzerrten Gebäude. Die beiden vorderen Personen bieten Tuche dar, während die Figur hinter ihnen kaum zu erkennen ist. Darunter trägt eine Stehende einen Korb in ihrer Rechten, einen Stab in ihrer Linken. Links daneben knien zwei Figuren im Bereich unter dem Fenster. Auch sie präsentieren offenbar Tuche. Die Szenerie wird komplettiert durch drei übereinander gestaffelte, frontal stehende Figuren links neben dem Fenster. Die untere Figur trägt einen Stab, die Person darüber ein Bündel Ähren – ein Zeichen für Fruchtbarkeit.

Das große Bildfeld huldigt damit sowohl der Stadtgöttin Augusta sowie dem Weberhandwerk als Quelle von Wohlstand und Kultur.

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Abb. 15: Otto Michael Schmitt: Studie zur Freskierung der Westfassade des Weberhauses

 Die Westfassade ist ähnlich gegliedert wie die Ostfassade. Rechteckige Farbflächen teilen die Architektur in einzelne Zonen.

Im ersten und zweiten Stock öffnen je vier symmetrisch angeordnete Fenster in gleichen Abständen die Wand. Der Giebel wird von vier, im Bereich darüber von drei und im obersten Teil von einem Fenster und drei flankierenden Rundfenstern durchbrochen.

Erst im zweiten Stock finden sich figürliche Szenen. Die beiden äußeren Fenster sind durch je  ein Rechtecksfeld zusammengefasst. Unter dem mittleren Fenster befindet sich ein weiteres Bildfeld. Die gleiche Einteilung traf der Künstler auch im Bereich darüber. Der Giebel ist nur von den abstrakten Rechtecksflächen unterteilt. Von den kleinen Rundfenstern breiten sich Flächen wie Strahlen über den Giebel aus.

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Abb. 16: Otto Michael Schmitt: Vorstudie zur Freskierung des Weberhauses

 Das rechte Bildfeld ist von zehn Figuren erfüllt. Links ist eine sitzende, verschleierte Frau zu erkennen. Sie hält ein Kleinkind in ihren Armen. Zu ihren Füßen kniet ein weiteres Kind, das ebenfalls ein Kleinkind in Armen hält. Hinter der Frau steht eine Person. Etwa in der Bildmitte sitzt frontal eine weitere Person mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf. In einer Geste der Verzweiflung hat der sitzende Mann davor die Hände über den Kopf geschlagen. Rechts daneben sitzt eine Figur in seitlicher Ansicht. Ihren Kopf hat sie in die Rechte gestützt. Dahinter stehen zwei Personen frontal. Die linke hat den rechten Arm um ihre Hüften geschlungen während die rechte die Arme ausgebreitet hat.

Im südlichen Bildfeld sind sich zwei Figurengruppen gegenübergestellt: Rechts sind vier Soldaten schräg von hinten sichtbar. Mit ihren Gewehren zielen sie auf eine Gruppe von sechs Personen. Im Vordergrund ist eine Person zu Boden gestürzt und stützt sich mit beiden Armen. Dahinter haben zwei Personen die Arme erhoben. Eine Figur legt schützend den Arm um das davor stehende Kind. Die Figur ganz links hat die Hände vor ihr Gesicht geschlagen.

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Abb. 17: Otto Michael Schmitt: Vorstudie zur Freskierung des Weberhauses

 Beide Bildfelder schildern die Not der Weber im 19. Jahrhundert die zu blutig beendeten Aufständen führte.Die Ursache der Not ist im Intervall darüber dargestellt: Webmaschinen sind als abstrakte Gefüge geometrischer Körper wiedergegeben.

Zwischen den Rechtsecksfeldern im ersten Stock ist folgende Inschrift zu lesen: „Zwischen Handwerk und Maschinenzeit liegt der Weber Kampf und Leid“.

 Otto  Michael Schmitt gliederte die Fassaden des Weberhauses mit regelmäßigen Rechtecksflächen, die an eine Architekturgliederung erinnern: So sind die Felder unter den Fenstern betont, schmale Rechtecksstreifen fassen Fenster zusammen, wie zum Beispiel an der Westfassade: Hier wird die mittlere Fensterachse von den seitlichen Achsen geschieden. Die Rechtecksstreifen nehmen damit in etwa die Funktion von Pilastern ein.  Auch die Bildfelder werden von prismenartig gebrochenen oder konstruktiven Flächengefügen bestimmt. Dagegen sind die meist parallel gestellten Figuren gesetzt. Die Konturen der Körper sind in den Putz geritzt. Einen stark konstruierten Zug zeigt die Ausbildung der Körper die geometrischen Grundformen angenähert ist.  Hervorgehoben sind markante Körperzonen wie Hals, Hüfte oder Schenkel. Modulierung durch Licht und Schatten fehlt, es entsteht allerdings durch die geritzten Kanten eine reale Beschattung. Die Figuren wirken dadurch massiv und kraftvoll. Die Physiognomien sind formelhaft. Sehr plakativ ist die affektgeladene Gestik eingesetzt.

Warme Ocker- Braun- und Rottöne bestimmen die Farbpalette. Kontrastierende blaue, grüne und türkise Farbflächen beleben die Farbkomposition. Der Kontrast zwischen dominierenden warmen Tönen und akzentuiert eingesetzten kälteren Tönen verleiht der Farbigkeit besondere Leuchtkraft. 

Das Bildprogramm weist historische Bezüge zur Malerei Matthias Kagers auf. Die Geschichte der Weber ist gemeinsam mit Episoden der Augsburger Stadtgeschichte sowie mythologischen und biblischen Szenen in einen größeren Zusammenhang gestellt.

Die Heroisierung und Typisierung ist dabei gegenüber den Malereien der Dreißiger Jahre deutlich zurück genommen. Es werden sowohl die glanzvollen, als auch die leiderfüllten Phasen der Weberei geschildert.